Freitag, 25. Juni 2010
Herber kulinarischer Verlust: Es war einmal... unser Lieblingsrestaurant
(Eine Trauerschrift aus aktuellem Anlass)


Eigentlich war es ja schon lange klar: Am Hochzeitstag würden wir einmal mehr im besten Restaurant unserer Kleinstadt essen, das uns bereits anlässlich unseres ersten Hochzeitstages mit einem exzellenten Sechs-Gänge-Überraschungsmenue begeistert hatte. Wahrscheinlich wäre die Küche gar sternewürdig gewesen, wir waren mit dem Koch auf jeden Fall mehr als zufrieden: Das kulinarische Niveau lag weit über dem der übrigen einfachen "Hausmannskost"-Restaurants in der Gegend.
Zum Mitschwelgen: Zuerst servierte der zuvorkommende und aufmerksame Kellner einen Blattsalat mit geräuchertem Speck und Parmesanhobeln, anschließend wurde ein dreifarbiges Paprika-Suppen-Trio gereicht. Darauf folgten Schweinemedaillons mit Pfeffersauce, an denen es nichts auszusetzen gab- zufällig hatte es dieses Gericht auch auf unserer Hochzeit gegeben, was der Koch aber natürlich nicht wissen konnte, aber doch für ein Schmunzeln unsererseits sorgte. Der Zwischengang bestand aus einem leckeren Kirschsorbet, anschließend gab es Hummerragout mit Nudeln, welches uns ebenfalls schlichtweg begeisterte. Den krönenden Abschluss bildete ein Ananas-Carpaccio mit selbst gemachtem Eis.

Das tolle Essen in gemütlicher Atmosphäre hatte uns schlichtweg umgehauen, auf jeden Fall mehr als begeistert. Also wollten wir uns an unserem zweiten Hochzeitstag eigentlich einen weiteren unvergesslichen Abend gönnen- doch dann....


... kam der Schock. Zwar hatte ich bereits gelesen, dass das Restaurant wieder eröffnet würde und noch ein Koch gesucht werde. Die Öffnungszeiten- kein Ruhetag- und die recht billigen Preise, mit denen für ein Mittagessen geworben wurde, machten mich schon etwas stutzig. Außerdem war ich mehrmals am Lokal vorbei gelaufen, ohne die Karte in Augenschein zu nehmen- allerdings waren mir stets die draußen sitzenden, lärmenden und wohl bereits alkoholisierten Gäste aufgefallen.
Wir betraten also den Gastraum- die schönen alten Täfelungen waren aufgehellt, und um die Tische herum standen nur noch fast runde einteilige Sitzbänke. Der Blick in die Karte warf uns dann um: Haufenweise Getränke, zum Essen jedoch nur Rösti oder Toasts.

Nach dieser Erkenntnis verließen wir fast fluchtartig das nicht wirklich gut besuchte Lokal, um uns draußen erst einmal zu sammeln. Die Erkenntnis, dass es das beste Restaurant in der Stadt nicht mehr gab und wir dort keine weiteren schönen Stunden verbringen würden, machte uns beide ziemlich traurig.
Da wir aber immer noch Hunger hatten, lief der Abend auf solide Küche- sprich ein Steak auf dem heißen Stein und ein Schnitzel mit Pommes- hinaus.
Ich wünschte nur, dass sowohl der zuvorkommende Ober als auch die Köche ähnlich gute/ bessere Arbeitsplätze ergattern konnten- wäre doch schade, wenn Spitzenkräfte lediglich im Mittelfeld landen würden.

text by s.c.h.

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